Auf dem Weg zu unserem Startort besuchten wir noch meine Eltern bei ihrer Kur in Bad Kissingen. Am Abend waren wir dann schon wieder am Main, und ich dachte, wir begännen unsere vierte Wanderetappe mit einem Abschied von diesem schönen Fluss. Wir campten diesmal direkt am Ufer in der Nähe von Klein-Ochsenfurt.
Als die Nacht hereinbrach, war der Himmel klar. Der zunehmende Halbmond leuchtete mild und einige Sterne waren auch schon herausgekommen. Da tauchte im Westen, dort wo es vom Sonnenuntergang noch etwas heller war, eine schwarze Wolke mit scharfen Kanten auf, nur ungefähr eine handbreit überm Horizont. Sie hatte mal die Silhouette eines Mannes mit großer spitzer Nase oder dann wieder die eines vorwitzigen Bären. Aber was wir beide noch nie gesehen hatten, war ein heftiges Wetterleuchten, das nur in dieser Wolke ganz unten am Horizont tobte. Blitze zuckten in alle Richtungen, und manchmal war ein leises Grollen zu hören, der übrige Himmel blieb wolkenlos und sternenklar. Nach einer guten halben Stunde war das Spektakel vorbei und die Wolke aus unserem Sichtkreis fortgezogen.
Das Wetter am nächsten Morgen war immer noch sonnig und heiß, und der Weg begann auf einer Bahntrasse, die zum Radweg ausgebaut worden war. Er war gekiest und angenehm eben, fast ein bisschen langweilig, und wir kamen zügig voran. Rechts und links grünte es üppig und wild, sodass wir von der Landschaft kaum etwas mitbekamen. Bloß ab und zu öffnete sich der Blick auf ein Dörfchen am Wegesrand.
Am Nachmittag verließen wir diese Trasse, und ab da ging es nur noch durch Felder. Hatten wir noch in Unterfranken immer mal wieder Ausblicke auf liebliche Weinberge gehabt, gingen wir jetzt nur noch durch endlose, riesige Getreidefelder, hauptsächlich mit Weizen und Gerste (Brot und Bier) bepflanzt, ab und zu waren Mais-, Raps- und Rübenäcker dazwischen. Die Landschaft war ziemlich eben, nur leicht gewellt, und alle zwei bis drei Kilometer kamen wir durch ein Dorf. In die Augen fallend war, dass über den Feldern immer mindestens ein Kirchturm herausspitzte, der hinter flachen Weizenhügeln zu sehen war wie ein erhobener Zeigefinger, sodass wir uns nie hätten verlaufen können. Bäume gab es nur wenige und meistens bloß entlang von Bächen oder in den Ortschaften. Und die wenigen Wälder waren so winzig, dass man sie in fünf bis zehn Minuten umwandert hätte.
Einmal kamen wir mit einem Bauern ins Gespräch, der am Sonntagmorgen auf seine Felder gewandert war, um zu schauen, wie die Frucht so steht. Er war trotz des extremen Wetters in diesem Jahr sehr zufrieden und meinte, besser könnte es gar nicht sein. Sie hätten aber auch gute Böden, denen die Trockenheit nichts ausgemacht hätte. Alsdann erzählte er uns noch etwas über die ernährungsphysiologischen Vorteile von Rapsöl und man müsste doch nicht immer dieses fremdländische Zeugs kaufen. Er meinte wohl das Olivenöl. Danach hatte er es eilig, zum Frühschoppen in die Wirtschaft zu kommen, weil mittags hätte die Frau auch schon gekocht, und er müsste dann zu Hause sein.
Die Dörfer sahen so aus, als ob es den Bauern dort immer schon gut gegangen ist. Ganz anders als hier bei uns, wo wegen dem Klima und den Böden die Landbevölkerung stets bitterarm war. Und das ist den Menschen und Gehöften hier in der Rhön immer noch anzumerken.
Am zweiten Tag verdüsterte sich nachmittags der Himmel, und es begann leicht zu regnen und aus der Ferne zu donnern. Weil ich doch so Angst vor Gewittern habe, gab ich auf den letzten Kilometern dann noch mal alles, und wir kamen glücklich in Uffenheim an (Uff - endlich in Uffenheim!). In diesem Städtchen gibt es genauso wie in Ochsenfurt und desgleichen in Aub eine ganz putzige, historische Altstadt zu besehen, die uns aber mehr nur am Rande interessiert haben.
Obwohl ich es diesmal von Anfang an langsam angehen lassen wollte, haben wir in den zwei Tagen unseren persönlichen Rekord gebrochen und sind 32 km gewandert. An der Straße in Uffenheim sah ich dann ein Schild: nach Ochsenfurt 18 km. In solchen Momenten frage ich mich, was tu ich eigentlich hier und warum? Ich habe keine Ahnung - es macht uns Freude, verschafft uns besondere Ausblicke auf andere Gegenden und festigt mein Zutrauen in meine körperliche Kondition.
Leider war am Pfingstmontag das Wetter so nass, dass wir lieber nach Hause gefahren sind, statt weiterzuwandern. Vorher aber saßen wir für ein Frühstück mit köstlichen Brötchen aus einem italienischen Cafe in Ochsenfurt noch ein vorläufig letztes Mal am Mainufer.
Unterwegs lag am Rande eines Dörfchens eine Quelle, die war der heiligen Ottilie geweiht. Der gleichen Ottilie, nach der im Elsass ein ganzer heiliger Berg benannt wurde. Das Wasser der Quelle soll hilfreich bei Augenleiden sein. Natürlich haben wir uns die Augen damit gewaschen, aber zum Füße kühlen war es auch fein.
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